Gutedel Gutedel Gutedel

Früher war zwar mehr Lametta, aber früher war auch mehr schlechter Gutedel. Ob daher der Spruch stammt, dass Gutedel weder gut noch edel sei, ist nicht überliefert. Der Kalauer liegt so auf der Hand, dass der Wein so gut sein kann, wie er will, der Kalauer wird überleben. Natürlich zu Unrecht. Das wurde an dieser Stelle immer mal wieder angemerkt. Doch nun hat der Leipziger Wein-Journalist Uwe Köster auf seinem Wein-Blog „Der Weinbeobachter“ einen interessanten Gutedel-Test veröffentlicht. Zwölf Gutedel standen bei der Blindprobe auf der Verkostungsliste. Acht aus Saale-Unstrut, zwei aus dem deutschen Gutedel-Zentrum, dem Markgräflerland in Baden südlich von Freiburg, und zwei aus dem Gutedel-Paradies in der Schweiz, wo er zumeist Chasselas oder Fendant heißt, aber auch hinter Moster, Junker oder Schönedel steckt.

Saale-Unstrut nimmt in der Liste der Gutedel anbauenden deutschen Qualitätsweinanbaugebiete immerhin Platz zwei ein. Zwar klar hinter Baden (1117 Hektar), aber mit 23 Hektar doch klar vor den anderen (Sachsen drei Hektar, Pfalz und Rheinhessen je ein Hektar). Mit auf dem Verkostungstisch standen übrigens von Saale-Unstrut Tropfen des Weingutes Klaus Böhme aus Kirchscheidungen, des Thüringer Weingutes Bad Sulza, vom Naumburger Weingut Hey, aus den Weingütern Grober-Feetz aus Freyburg und Köhler-Wölbling aus Weischütz - alles 18er - sowie der 17er des Thüringer Weingutes Zahn aus Kaatschen. Und für den Veranstalter der Verkostung gab es einen überraschenden Sieger. Der 2018er Rote Gutedel Mons Omnium Sanctorum von Saale-Unstrut! Bitte, was? Mit dem kleinen Latinum oder einer Übersetzungs-App kriegt man wohl noch hin, dass es sich beim Namensgeber um einen Allerheiligenberg handelt. Den findet man unweit des Göttersitzes, oberhalb des kleinen linkssaalischen Parkplatzes am Fischhaus. 950 Gutedel-Reben stehen hier, je zur Hälfte weißer und roter.

Als Petra Wiegel 2014 die Anlage übernahm, wohnte die Berlinerin schon über 30 Jahre in der Region. In den Gutedel hatte sie sich ob seiner Leichtigkeit und geringen Alkoholwerte verliebt. In den ersten Jahren noch mit einer Winzerin an ihrer Seite, kümmert sie sich seit letztem Jahr gemeinsam mit ihrem Sohn um die Pflege der Reben. Die Liebe zum Gutedel ging so weit, dass sie sich im Gutedel-Zentrum im Markgräflerland selbst ein Bild machte und viel aufsog. Zudem bildete sie sich generell als Winzerin weiter, besuchte vielerlei Kurse und machte sich bei anderen Winzern ein Bild vom Handwerk, das für sie zum zeitintensiven Hobby werden sollte. Zu den bereits vorhandenen weißen Gutedel-Stöcken setzte sie die rote Variation. Eine andere Sorte hat sie auf ihrem „Gutedel-Hof“ nicht geplant.

Jahrgang 1962 sieht man ihr nicht an. „Das liegt wohl in den Genen. Das war früher ein Fluch, da hat man mich ob meines jugendlichen Aussehens oft nicht ernst genommen. Jetzt ist es wohl eher ein Vorteil.“ Den Wein gibt es nicht zu kaufen. Wer aber bei der Weinmeile Stammgast ist, hat ihn vielleicht schon probieren können. Nicht jedes Jahr ist sie dabei, aber drei- oder viermal schon.

Auch auf dem „Rest“ des Grundstücks hat sie viel investiert, ein Schmuckstück gezaubert, da steckt nicht nur viel Liebe drin. Ausgebaut werden die Weine bei Johannes Beyer. Das ist insofern folgerichtig, weil Sohn Wiegel und Beyer befreundet sind. Nicht, dass Johannes die Weine seiner anderen Kunden nicht ebenso sorgsam ausbauen würde. Aber hier ist ihm wohl etwas Besonderes gelungen.

Journalisten-Kollege Uwe Köster beschrieb den Roten Gutedel in seinem Internet-Blog als „blassrosa, sehr hell, schöne rauchige Aromen, Mandel, Walnuss - ein subtiler, spannender Wein“. Bevor Petra Wiegel am Jahresende Geburtstag feiern kann, wird es wohl keine Chance mehr geben, diesen Wein einmal selbst zu kosten. Aber fürs nächste Jahr ist eine Probe fest vereinbart. Denn die anderen hiesigen Gutedel kenne und mag ich durchweg, da ist die Neugier auf diesen Tropfen natürlich mehr als nur geweckt.